Donnerstag, 9. Februar 2012

Cyberpunk oder des Androiden Träume

Da ich mich schon länger mit Cyberpunk beschäftige, will ich hier ein kurzes Resümee ziehen. Nicht zuletzt augfrund des schlechten deutschen Wikipediaeintrags zum Thema. Die Definition ist keine einfache. Im Prinzip ist Cyberpunk ein Subgenre der Science-fiction ebenso wie die daraus resultierende Steampunk-Bewegung, die ihre Wurzeln bei Jules Verne oder E.T.A. Hoffmann hat. Cyberpunk ist keine literarische oder filmische Gattung - es ist ein Setting. Genauer gesagt ist es der zeitliche Hintergrund oder der entsprechende Fortschritt in der Mechatronik.


Der erste richtige Cyberpunk-Film, der meiner Meinung nach als Science-fiction-Film mit Cyberpunk-Setting durchgehen kann ist Blade Runner. Eigentlich könnte man mit Metropolis anfangen, aber der einzige Cyberpunkt-Aspekt ist hier die "Maschinenmenschenfrau" Maria. Überspringen wir all die trashigen 50er/60er/70er Science-fiction-Filme und Serien.


Die Romanvorlage von Phillip K. Dick "Do androids dream of electric sheep?" hat rein storytechnisch nur wenig mit dem Film zu tun. Die einzige Verbindung ist die Frage des Replikanten nach der Menschlichkeit. Mit welcher Handlung wird man zum Menschen? Was macht einen zum Menschen? Wo beginnt Intelligenz? Was macht Intelligenz aus? Diese Fragen werden von späteren Cyberpunk-Filmen wie dem Anime "Ghost in the shell"(1995) um ein Vielfaches erweitert. Während "Johnny Mnemonic" sich eher auf den netztechnischen Aspekt des Cyberpunk-"Genres" stürzt, stellt der Hauptcharakter in Masamune Shirows Hauptwerk die Fragen direkt an den Zuschauer. Wieviel Mensch kann in einem stecken, wenn einzig einige wenige menschliche Organe wie die Milz, die Lungenflügel und das Gehirn noch organisch sind? Vorher gab es  vergleichbare Fragen nur in Star Trek.  Star Trek ist aber keine Cyberpunk-Serie. Erst mit dem Auftreten der Borg, speziell im Voyager-Spin-Off wird der Aspekt stärker betont, manifestiert sich sogar in Seven-of-Nine. An der Serie lässt sich gut nachvollziehen, dass Cyberpunk in den 90ern immer beliebter wurde, nicht zuletzt wegen Filmen wie "Matrix".




Cyberpunk zeichnet sich durch dystopische Grundelemente und nicht vorhandener moralischer Grundsätze aus. In der Regel haben die Konzerne das Sagen - privatisierte Unternehmen, die wie Staaten in Staaten auftreten augfrunddessen, dass sie das technische Monopol besitzen("Ghost in the shell"). Meist spielt die Story in den sogenannten Megacities("Akira", "Johnny Mnemonic"). Bevor es das Internet als öffentliches Phänomen gab, haben Cyberpunk-Filme und Bücher bereits auf die Möglichkeit der Vernetzung hingewiesen. Dabei spielen Themen wie Identität, Vernetzung, Geschlecht, Raumtheorie, Spieltheorie und Semiologie(Lehre der Zeichen, Umberto Eco) entscheidende Rollen. Gerade im literarischen Bereich sind Autoren wie Harlan Ellison, Timothy Leary und William Gibson zu nennen.



Cyberpunk ist also weniger ein Genre, sondern eher ein visuell prägendes Element eines Films oder ein storytechnischer Hintergrund für ein Buch. Die Autoren oder Filmemacher, die leugnen, dass Cyberpunk jemals als greifbare Kategorie existierte, übersehen allerdings den Aspekt, dass sich ihre Figuren zwangsweise in diesem Setting mit Elementen wie der Megalopole(Einsamkeit), der Netzwelt(Identität, Raumtheorie, Semiologie) und der Künstlichen Intelligenz(Moral, Perspektive, soziale Partizipation) auseinandersetzen.

Das Problem daran ist also, dass Cyberpunk in der Schwebe zwischen Genre und Setting hängt. In bestimmten Büchern oder Filmen kommt Cyberpunk stärker zum Tragen in anderen ist es nettes Beiwerk. Wenn ich beim nächsten Mal auf Androiden, Roboter und kybernetische Lebensformen eingehe, sollte man Cyberpunk im Hinterkopf haben.


Gute Nacht und viel Spaß mit den elektrischen Schafen.


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